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Nachdem ich von den Doors alles an Land gezogen hatte, was es auf Vinyl an Land zu ziehen gab, darunter auch solch hallige Bahnhofsklo-Raubpressungen wie Live in Stockholm '68, machte ich mich auf die Suche nach Solo-Platten der verbliebenen drei Doors.
Gitarrist Robbie Krieger und Drummer John Densmore, dem mit
Riders on the storm - Mein Leben mit Jim Morrison und den Doors die beste Doors-Biografie gelang, gründeten
Butts Band und veröffentlichten zwei unterschätzte, sehr entspannte Reggae-Pop-Alben.
Die Platten von Ray Manzarek waren schwerer zu kriegen. Die Plattenfirma hatte sie in Deutschland nicht veröffentlicht bzw. nach kurzer Zeit wieder aus dem Katalog genommen, also brauchte man gute Connections, Spucke und Geduld.
Ich suchte fast zwei Jahre lang nach
The Golden Scarab und
The whole thing started with Rock'n Roll,
now it's out of control, 1973 und '74 in den USA erschienen. (Das mystische Album
The Golden Scarab enthält ein frühes, von ihr selbst gehauchtes Poem von Patti Smith!)
The whole thing.. kaufte ich
Peter Braatz alias Harry Rag für einen Zwanni ab. Braatz, Kopf der legendären Solinger Ur-Punks von
S.Y.P.H. und heutiger Filmemacher, schaute immer wie ein Nager aus der Wäsche, der gleich Beute macht, vorausgesetzt, er pennt vorher nicht ein. Braatz rückte die Scheibe nur deshalb raus, "weil du so ein eingefleischter Doors-Freak bist und ich eingefleischte Freaks nicht leiden sehen mag." Braatz, ein Mensch mit Überzeugungen.
Überhaupt war es damals nicht ganz unwichtig, WER einem WELCHE Platte abdrückte oder besorgen konnte. Das konnte den Wert einer LP oder Single ungemein steigern.
1977 gründete Manzarek die Band
Nite City. Hatte das Debut-Album schon Hoffnungen geweckt, so wurde der Nachfolger
Golden Days, Diamond Nights (1978) Manzareks Meisterwerk, zumal er wieder als Sänger brilliert. (Jede andere Rockband außer den Doors hätte Ray Manzarek mit Kusshand als Sänger genommen).Sein aus den Untiefen seiner Kehle gewonnenes, sonores Timbre, tief wie der Ozean, wo die schrägsten Lebewesen existieren, seine von Stolz und Hingabe geprägte Collegesprecher-Stimme erzählt von Amerika, von Küste zu Küste, Freiheit und Freeways, love it or leave it.
Zwei Songs auf
Golden Days, Diamond Nights sind so etwas wie das Vermächtnis von Ray Manzarek, unabhängig von seiner Karriere als Doors-Keyboarder.
Da ist das unauffällig und schleppend beginnende, sich stetig steigernde
The Dreamer, das in einem fulminanten Walking Pop kulminiert, sowie die 8:33 Minuten dauernde Hymne
America. Hier ist Manzarek auf dem Höhepunkt: Sein einprägsames und stets zum Überflug ansetzendes Orgelspiel, das schon Songs wie
Light my fire und
Riders on the storm zu Klassikern gemacht hatte, entfacht einen Weltenbrand, verschlingt Los Angeles und den Rest von Amerika, von Küste zu Küste, Freeway zu Freeway. Nie wieder wurde ich bei aufgesetzten Kopfhörern derart mitgerissen.
Adieu, Ray. Let's ride. Into the sun.
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