Ein Dienstag des Jahres 2009. Die Gräfin backt Reibekuchen, wünscht sich aber schnell einen Ratgeber für Problempfannen.
"Oder sehen so etwa Reibekuchen aus!?"
Entnervt wirft sie die Brocken hin. (Und es sind tatsächlich Brocken, die sie da hinwirft.)
"Ach, ist doch nicht schlimm", sag ich. "Geh ich eben hoch zum Laden und hol uns ne Pizza. Ist doch egal. Und Salat hast du doch schon gemacht."
Sie verzieht sich schmollend in ihr Zimmer.
"So kann ich nicht arbeiten! Bring ne neue Pfanne mit!"
Der Hund folgt mir durch den Park hoch zur Wupperstrasse. Der Himmel ist zugestellt mit dunklen Wänden, Gewitterwürmchen schwirren umher. Vorm Laden leine ich Frau Moll am Fahrradständer an. Der steht unterm Vordach, da bleibt sie trocken. Denn kaum latsche ich durch die Gänge und werfe die Zutaten in den Wagen, Pizza Quattro Stationi (Alles vom Bahnhof), Käse, Thunfisch, geht drauÃen ein mächtiges Gewitter nieder. Es blitzt, es donnert, und der Regen steppt über die Strasse wie Popcorn in einer heiÃen Pfanne.
"Bitte werfen Sie uns Ihr Portmonee entgegen!" brüllt die Kassiererin, als ich an der Reihe bin. "Mit erhobenen Händen!"
Krude Tagträume, die hat man, wenn man das Gefühl nicht los wird, dass alle nur noch DEIN Geld wollen. Ich meine, ein Vogel zahlt doch auch keinen Euro, wenn er im Baum sitzt und singt. Soll ich euch was sagen. Ich sage euch was. Eines Tages laufe ich Amok. Dann schieÃe ich einen scheià Supermarkt zusammen. Einfach so, weil ich schlechte Laune habe.
Oder kein Geld.
Als ich wieder drauÃen bin, junkert Frau Moll als wäre sie eine Stunde lang angeleint gewesen, allein auf weiter Flur. Dabei hab ich keine fünf Minuten gebraucht.
"Wir müssen warten", sag ich, "bis der Regen aufhört."
Bis der GroÃe Elektriker aufhört den dunklen Himmel zu spalten mit der Licht-Axt.
(Der Hund bekommt es mit der Angst.)
"Hallo."
"Ach", sag ich, "hallo.."
Hab ihn gar nicht bemerkt. Steht plötzlich neben mir, NETTO-Tragetasche in der Hand. Frau Moll knurrt in seine Richtung. Sie mag keine Fremden. Schon gar nicht bei Gewitter.
Sie ist auch nicht gern angeleint.
"Scheià Regen, wa", sagt er.
"Ja, ne", sag ich.
Er ist klein und drahtig, der mittlere von drei Brüdern. Der jüngste war ein FuÃballkumpel von mir, der vor Jahren was Falsches auf dem Löffel hatte und daran krepierte. Ich mochte ihn gern. Und er hatte eine nette Freundin, Mischa. Die ist auch tot.
Mit dem mittleren der drei Brüder dagegen habe ich nie viel zu tun gehabt. Meist begnügen wir uns mit einem knappen Kopfnicken, wenn wir uns begegnen. Jetzt, unterm Vordach der NETTO-Filiale, stehen wir nah beieinander, der Regen prasselt nieder. Es kracht im Himmel. Der Hund schaut zu mir hoch. Ich halte seine Schnauze in meiner Hand wie einen kleinen Vogel, das beruhigt ihn.
"Was macht dein älterer Bruder?" frag ich. "Der.. na, wie hieà er noch?"
"Wen meinst du?"
"Na, den Ãltesten."
"Sammy..?"
"Sammy. Genau. Den hab ich ewig nicht mehr gesehen."
"Ich auch nicht."
"Wie, du auch nicht? Ist doch dein Bruder."
"Ja. Aber ich hab ihn seit acht Jahren nicht mehr gesehen"
Er erwidert es so postwendend und genau, als hätte er heut morgen noch durchgezählt. Die acht Jahre. Ein merkwürdiger Vogel, der mittlere. Er hat eine Fresse, die man nicht vergisst. Und er hat sich kaum verändert. Dieselbe plattgeschlagene Boxernase wie damals, als er überall nur Negernase gerufen wurde. Darunter ein ungemein schlecht gelaunter Mund.
"Wieso acht Jahre?" frag ich ihn. "Wieso weiÃt du das so genau?"
"Weil vor genau acht Jahren meine.. unsere Mutter gestorben ist."
Als wolle er ganz allein dem Gewitter Paroli bieten, das wie ein groÃes düsteres Live-Konzert über der Stadt steht, blickt er um sich und spannt den Brustkorb an. Schon früher, in den wilden Siebzigern, wollte er immer lässig rüberkommen, lässig und mutig. Doch sobald er seinen coolen Travolta-Gang hinzulegen versuchte konnte man drauf wetten, dass eine Hüpfburg draus wurde. Und wollte er böse dreinschauen, so richtig finster, wurde er einfach übersehen. Keine Frage. Wenn kleine Männer es an sich schon schwer haben, dann haben es kleine weiÃe Männer mit Negernase noch schwerer.
Er schaut abwechselnd in mein Gesicht und in den Regen, während ich draufhalte auf sein Gesicht, die GroÃaufnahme suche. Ich bin eine Art Kamera, aber keine digitale. Ich blicke weiterhin auf traditionellem Silberfilm um mich. Die Aufnahmen sind im Ergebnis nicht weniger unerbittlich als die in digitaler Machart, aber weicher in der Unterhaltung. Vertrauenswürdiger.
Und Vertrauen ist das Pfund jedes Kameramanns.
"Ich hab ihn zwischendurch mal kurz im Mumms gesehen. War ein Samstagmittag. Da stand Sammy keine drei Meter entfernt am Tresen", sagt er, "aber wir haben kein Ton miteinander gesprochen."
Er winkt ab.
"Dabei kommt das gar nicht von ihm, dass er so geworden ist. Dass er sich so zurückgezogen hat. Das ist seine Alte. Wenn er mal abends ein Bierchen trinken will, muss er sich schon aus dem Haus stehlen."
"Ist wahr? So kenn ich ihn gar nicht. Der war doch früher nur solo. Solo und besoffen."
"Früher. Aber seit er verheiratet ist.."
Ich bin fasziniert von diesem Gesicht. Es ist so bodenlos in seiner Wahrhaftigkeit. So hässlich, so wahr. So sehr Nase. So analog.
In den frühen 80ern hat er lange als RausschmeiÃer und Gläsereinsammler im Riverside gearbeitet, einer Innenstadt-Disco. Einmal war ich im Riverside dermaÃen betrunken gewesen, dass ich nicht mehr den Ausgang fand. Ich wusste einfach nicht mehr, wo die Türe war. Ich irrte hinter den Tischen her und wurde zunehmend panisch. Ich komm hier nicht lebend raus, glaubte ich.
Bis ich plötzlich IHN erblickte, auf der anderen Seite der Disco, hinter der Tanzfläche, auf einem kleinen Podest. Da stand er und versuchte mich zu dirigieren, mit weit ausholenden rudernden Armbewegungen, in Richtung Ausgang. Und nach einigen Fehlinterpretationen seiner Gebärden und Rempeleien mit anderen Gästen schaffte ich es endlich an die frische Luft.
Dafür danke ich ihm heute noch schön. Dass er mich 1982 aus dem Schwarzlicht geleitet hat. Für seine Lotsendienste. Aber ich sage nichts. Ich danke ihm still.
"Aber wenn's ums Erbe geht..", sagt er.
"Erbe? Was meinst du?"
"Na, das Erbe meiner Mutter.."
Jetzt wird's spannend. Moneten. Mord. Menschen, die qua Blut füreinander da sein sollten. Dazu ein spöttelnder Mund, der davon berichtet.
"Mein älterer Bruder hat damals Anzeige erstattet, gegen Unbekannt. Aber selbst der Bulle, der mich vernommen hat, meinte, dass er mich damit meinte, mit Unbekannt."
Ich kapiere kein Wort. "Hm?"
"Mein lieber Bruder hat doch damals überall rumposaunt, ich wäre es gewesen, der unsere Mutter tot aufgefunden hat. Ich wäre der erste gewesen in der Wohnung und hätte das ganze Geld geklaut, das sie unterm Bett aufbewahrte."
Seine gefüllte Unterlippe, wie Pastete. Ich hab Hunger. Die tiefgekühlte Pizza taut auf. Die Gräfin wartet. Der Hund ist ungeduldig. Der schwere Regen. Hard Rain. Plötzlich hab ich Bob Dylan im Ohr - live. Nur weil ich hier stehe und darauf warte, dass das Gewitter aufhört und der Hund und ich nach Hause gehen können.
"Wieviel Kohle denn?" frag ich.
"Bei den Bullen hat Sammy dreiÃig bis fünfunddreiÃigtausend Mark angegeben, die fehlten. Dabei war ER der erste in der Wohnung gewesen, nicht ICH. Ich war ne Stunde später da. Konnte es aber nicht beweisen. Aber später hab ich Kontobewegungen gefunden, die stimmten hinten und vorne nicht. Und wer war stets der Empfänger? Mein lieber Bruder."
Ein Gewitter ist so ähnlich wie ein Karton voller Elektrokabel und Blitzlichtwürfel, nur verkehrtherum übers Land gestülpt. Wenn irgendwann alles zur Erde geplumpst ist, wird der Karton wieder angehoben, Licht fällt auf die StraÃe, der Regen lässt nach. Der mittlere von drei Brüdern, von denen der Jüngste einen Herointod gestorben ist und der Ãlteste sich aus dem Haus schleichen muss für ein Bierchen, nimmt die Tragetasche vom Boden.
"So, ich muss los. Ein bisschen nass werden schadet ja nicht, wa? Wir sind ja nicht aus Zucker. Tschö."
"Ja, machs gut", sag ich, obwohl ich schon gern noch gehört hätte, was aus der ganzen Erbsache nun geworden ist. Andererseits, ist schon acht Jahre her, scheià drauf.
Ich sehe ihm nach, wie er sich davonmacht im nachlassenden Regen, ein Mann Mitte vierzig, negroide Nasenführung.
"Oder sehen so etwa Reibekuchen aus!?"
Entnervt wirft sie die Brocken hin. (Und es sind tatsächlich Brocken, die sie da hinwirft.)
"Ach, ist doch nicht schlimm", sag ich. "Geh ich eben hoch zum Laden und hol uns ne Pizza. Ist doch egal. Und Salat hast du doch schon gemacht."
Sie verzieht sich schmollend in ihr Zimmer.
"So kann ich nicht arbeiten! Bring ne neue Pfanne mit!"
Der Hund folgt mir durch den Park hoch zur Wupperstrasse. Der Himmel ist zugestellt mit dunklen Wänden, Gewitterwürmchen schwirren umher. Vorm Laden leine ich Frau Moll am Fahrradständer an. Der steht unterm Vordach, da bleibt sie trocken. Denn kaum latsche ich durch die Gänge und werfe die Zutaten in den Wagen, Pizza Quattro Stationi (Alles vom Bahnhof), Käse, Thunfisch, geht drauÃen ein mächtiges Gewitter nieder. Es blitzt, es donnert, und der Regen steppt über die Strasse wie Popcorn in einer heiÃen Pfanne.
"Bitte werfen Sie uns Ihr Portmonee entgegen!" brüllt die Kassiererin, als ich an der Reihe bin. "Mit erhobenen Händen!"
Krude Tagträume, die hat man, wenn man das Gefühl nicht los wird, dass alle nur noch DEIN Geld wollen. Ich meine, ein Vogel zahlt doch auch keinen Euro, wenn er im Baum sitzt und singt. Soll ich euch was sagen. Ich sage euch was. Eines Tages laufe ich Amok. Dann schieÃe ich einen scheià Supermarkt zusammen. Einfach so, weil ich schlechte Laune habe.
Oder kein Geld.
Als ich wieder drauÃen bin, junkert Frau Moll als wäre sie eine Stunde lang angeleint gewesen, allein auf weiter Flur. Dabei hab ich keine fünf Minuten gebraucht.
"Wir müssen warten", sag ich, "bis der Regen aufhört."
Bis der GroÃe Elektriker aufhört den dunklen Himmel zu spalten mit der Licht-Axt.
(Der Hund bekommt es mit der Angst.)
"Hallo."
"Ach", sag ich, "hallo.."
Hab ihn gar nicht bemerkt. Steht plötzlich neben mir, NETTO-Tragetasche in der Hand. Frau Moll knurrt in seine Richtung. Sie mag keine Fremden. Schon gar nicht bei Gewitter.
Sie ist auch nicht gern angeleint.
"Scheià Regen, wa", sagt er.
"Ja, ne", sag ich.
Er ist klein und drahtig, der mittlere von drei Brüdern. Der jüngste war ein FuÃballkumpel von mir, der vor Jahren was Falsches auf dem Löffel hatte und daran krepierte. Ich mochte ihn gern. Und er hatte eine nette Freundin, Mischa. Die ist auch tot.
Mit dem mittleren der drei Brüder dagegen habe ich nie viel zu tun gehabt. Meist begnügen wir uns mit einem knappen Kopfnicken, wenn wir uns begegnen. Jetzt, unterm Vordach der NETTO-Filiale, stehen wir nah beieinander, der Regen prasselt nieder. Es kracht im Himmel. Der Hund schaut zu mir hoch. Ich halte seine Schnauze in meiner Hand wie einen kleinen Vogel, das beruhigt ihn.
"Was macht dein älterer Bruder?" frag ich. "Der.. na, wie hieà er noch?"
"Wen meinst du?"
"Na, den Ãltesten."
"Sammy..?"
"Sammy. Genau. Den hab ich ewig nicht mehr gesehen."
"Ich auch nicht."
"Wie, du auch nicht? Ist doch dein Bruder."
"Ja. Aber ich hab ihn seit acht Jahren nicht mehr gesehen"
Er erwidert es so postwendend und genau, als hätte er heut morgen noch durchgezählt. Die acht Jahre. Ein merkwürdiger Vogel, der mittlere. Er hat eine Fresse, die man nicht vergisst. Und er hat sich kaum verändert. Dieselbe plattgeschlagene Boxernase wie damals, als er überall nur Negernase gerufen wurde. Darunter ein ungemein schlecht gelaunter Mund.
"Wieso acht Jahre?" frag ich ihn. "Wieso weiÃt du das so genau?"
"Weil vor genau acht Jahren meine.. unsere Mutter gestorben ist."
Als wolle er ganz allein dem Gewitter Paroli bieten, das wie ein groÃes düsteres Live-Konzert über der Stadt steht, blickt er um sich und spannt den Brustkorb an. Schon früher, in den wilden Siebzigern, wollte er immer lässig rüberkommen, lässig und mutig. Doch sobald er seinen coolen Travolta-Gang hinzulegen versuchte konnte man drauf wetten, dass eine Hüpfburg draus wurde. Und wollte er böse dreinschauen, so richtig finster, wurde er einfach übersehen. Keine Frage. Wenn kleine Männer es an sich schon schwer haben, dann haben es kleine weiÃe Männer mit Negernase noch schwerer.
Er schaut abwechselnd in mein Gesicht und in den Regen, während ich draufhalte auf sein Gesicht, die GroÃaufnahme suche. Ich bin eine Art Kamera, aber keine digitale. Ich blicke weiterhin auf traditionellem Silberfilm um mich. Die Aufnahmen sind im Ergebnis nicht weniger unerbittlich als die in digitaler Machart, aber weicher in der Unterhaltung. Vertrauenswürdiger.
Und Vertrauen ist das Pfund jedes Kameramanns.
"Ich hab ihn zwischendurch mal kurz im Mumms gesehen. War ein Samstagmittag. Da stand Sammy keine drei Meter entfernt am Tresen", sagt er, "aber wir haben kein Ton miteinander gesprochen."
Er winkt ab.
"Dabei kommt das gar nicht von ihm, dass er so geworden ist. Dass er sich so zurückgezogen hat. Das ist seine Alte. Wenn er mal abends ein Bierchen trinken will, muss er sich schon aus dem Haus stehlen."
"Ist wahr? So kenn ich ihn gar nicht. Der war doch früher nur solo. Solo und besoffen."
"Früher. Aber seit er verheiratet ist.."
Ich bin fasziniert von diesem Gesicht. Es ist so bodenlos in seiner Wahrhaftigkeit. So hässlich, so wahr. So sehr Nase. So analog.
In den frühen 80ern hat er lange als RausschmeiÃer und Gläsereinsammler im Riverside gearbeitet, einer Innenstadt-Disco. Einmal war ich im Riverside dermaÃen betrunken gewesen, dass ich nicht mehr den Ausgang fand. Ich wusste einfach nicht mehr, wo die Türe war. Ich irrte hinter den Tischen her und wurde zunehmend panisch. Ich komm hier nicht lebend raus, glaubte ich.
Bis ich plötzlich IHN erblickte, auf der anderen Seite der Disco, hinter der Tanzfläche, auf einem kleinen Podest. Da stand er und versuchte mich zu dirigieren, mit weit ausholenden rudernden Armbewegungen, in Richtung Ausgang. Und nach einigen Fehlinterpretationen seiner Gebärden und Rempeleien mit anderen Gästen schaffte ich es endlich an die frische Luft.
Dafür danke ich ihm heute noch schön. Dass er mich 1982 aus dem Schwarzlicht geleitet hat. Für seine Lotsendienste. Aber ich sage nichts. Ich danke ihm still.
"Aber wenn's ums Erbe geht..", sagt er.
"Erbe? Was meinst du?"
"Na, das Erbe meiner Mutter.."
Jetzt wird's spannend. Moneten. Mord. Menschen, die qua Blut füreinander da sein sollten. Dazu ein spöttelnder Mund, der davon berichtet.
"Mein älterer Bruder hat damals Anzeige erstattet, gegen Unbekannt. Aber selbst der Bulle, der mich vernommen hat, meinte, dass er mich damit meinte, mit Unbekannt."
Ich kapiere kein Wort. "Hm?"
"Mein lieber Bruder hat doch damals überall rumposaunt, ich wäre es gewesen, der unsere Mutter tot aufgefunden hat. Ich wäre der erste gewesen in der Wohnung und hätte das ganze Geld geklaut, das sie unterm Bett aufbewahrte."
Seine gefüllte Unterlippe, wie Pastete. Ich hab Hunger. Die tiefgekühlte Pizza taut auf. Die Gräfin wartet. Der Hund ist ungeduldig. Der schwere Regen. Hard Rain. Plötzlich hab ich Bob Dylan im Ohr - live. Nur weil ich hier stehe und darauf warte, dass das Gewitter aufhört und der Hund und ich nach Hause gehen können.
"Wieviel Kohle denn?" frag ich.
"Bei den Bullen hat Sammy dreiÃig bis fünfunddreiÃigtausend Mark angegeben, die fehlten. Dabei war ER der erste in der Wohnung gewesen, nicht ICH. Ich war ne Stunde später da. Konnte es aber nicht beweisen. Aber später hab ich Kontobewegungen gefunden, die stimmten hinten und vorne nicht. Und wer war stets der Empfänger? Mein lieber Bruder."
Ein Gewitter ist so ähnlich wie ein Karton voller Elektrokabel und Blitzlichtwürfel, nur verkehrtherum übers Land gestülpt. Wenn irgendwann alles zur Erde geplumpst ist, wird der Karton wieder angehoben, Licht fällt auf die StraÃe, der Regen lässt nach. Der mittlere von drei Brüdern, von denen der Jüngste einen Herointod gestorben ist und der Ãlteste sich aus dem Haus schleichen muss für ein Bierchen, nimmt die Tragetasche vom Boden.
"So, ich muss los. Ein bisschen nass werden schadet ja nicht, wa? Wir sind ja nicht aus Zucker. Tschö."
"Ja, machs gut", sag ich, obwohl ich schon gern noch gehört hätte, was aus der ganzen Erbsache nun geworden ist. Andererseits, ist schon acht Jahre her, scheià drauf.
Ich sehe ihm nach, wie er sich davonmacht im nachlassenden Regen, ein Mann Mitte vierzig, negroide Nasenführung.